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Das Meer …

Phillipp von Magstadt saß auf einer Klippe am brandenden Meer. Er war Stille im Sturm. Er lauschte der Welt und war dabei in ihr zu versinken. In ihm fing es an zu träumen.

„Da kommen sie, die Wellen.“ dachte er dabei. „Tag für Tag kommen sie den langen Weg übers Meer. Tag für Tag. Jahrein, jahraus kommen sie. Mal ist es nur ein zartes Rollen. Mal kommen auch ganz stille Wellen, die wir kaum wahrnehmen. Aber oft kommen sie, wie jetzt, mit voller Wucht und sie zerbrechen zu Gischt und sie schlagen an den Strand und formen sein Gesicht. Und das seit Millionen von Jahren. Dabei zermahlen sie die großen Steine zu immer feinerem Sand. Nichts ist so stark, dass es sich dem Lauf der Zeit widersetzen kann. Und den zu Staub gemahlenen Sand verteilt der Wind auf der ganzen Erde und aus ihm wächst dann neues Leben.“
Immer tiefer kam er in den Traum.


„Aber tatsächlich ist alles noch viel größer,“ merkte er.
Er fuhr mit seinem Blick den Horizont entlang. „Manchmal, wie jetzt, ist es das gleiche Meer, das ich sehe. Doch die Wellen schlagen dann nicht wirklich an den Strand. Es ist alles ein großes Ganzes und bewegt sich in sich und tanzt mit sich selbst. Hier und um die ganze Erde herum.
Es ist ohne Grenze zu dem Boden, in den es versickert und es ist ohne Grenze zu dem Himmel, in den es verdunstet und von wo aus es aus den Wolken wieder zurück auf den Boden und das Meer fällt.
Es ist ohne Grenze zu den Flüssen, die sich als ein großes Netz um den ganzen Planeten ziehen.
Es ist ohne Grenze zu dem Geist, der das Universum durchwirkt und aus dem es, wie alles Sein, gemacht ist. So, wie auch wir Menschen aus all dem gemacht sind, aus dem Wasser und aus dem göttlichen Geist.
Es ist der große Fluss, der eigentlich gar kein Fluss ist, sondern die unendliche göttliche Energie, die in all ihrer Vielfalt mit sich selbst spielt und sich dabei ständig neu erfindet. Moment für Moment und nur im Moment.
Eine unendliche, alles umfassende Wolke. Es gibt nichts totes darin. Auch die Sterne und die scheinbare Leere zwischen Ihnen. Alles ist Leben. Und doch stirbt fortwährend alles und wird aber im selben Augenblick neu geboren. Immer so ähnlich wie zuvor, niemals als dasselbe. Aus dem was ist, wird das was war und das ist das, was wieder wird.
Ich und das Meer sind eins. Wenn ich das Meer sehe, sehe ich mich.“
Dann verloren sich seine Gedanken, verlor er sich. Er war aber nie verloren. Er hatte es gefunden. Was nun begann, war Erleben ohne Worte. Es war Erleben von Einheit und Ganzheit. Es war Kraft der Welt und stilles bewusstes Sein.

Phillipp von Magstadt saß am Meer und träumte.

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